Erster Frühling

Richtig Frühling wurde es dann einige Tage später. Die Vögel flogen uns um die Ohren, machten einen Höllenlärm und bezogen alle Kleiberhäuser. Selbst die kopflose Gans hatte plötzlich einen Kopf, Augen und einen Schnabel, was sie aber auch nicht wesentlich gesprächiger machte und auch das steinerne Herrchen schaute weiter missmutig auf den Boden.
Wie kann man nur so schlechte Laune haben,
wenn die Sonne scheint und alles blüht. 

Selbst Meyer, der sonst nur cool in der Ecke liegt, interessierte sich plötzlich für mich und lief hinter mir her. Nur Colja lag in der Wohnzimmertür und merkte nichts, bis Antares mit mir wilde Spielchen spielen wollte. Für wilde Spielchen ist Colja auch immer zu haben, aber das Gepolter und Geschepper des Kaminbestecks, das zufällig über den Flur rollte, rief sofort Frauchen auf den Plan. Sie sperrte mich umgehend in die Küche, was wieder völlig ungerecht war, denn Antares hatte ja angefangen.

Zu diesen ganzen Ungerechtigkeiten kam dann noch eine weitere, als Frauchen die Blechkiste mit Rädern wieder auf den Flurtisch wuchtete. Wieder wurde alles eingepackt: Trinknäpfe, Bürsten, Leckerlis usw.
Alle wurden schön gepflegt nur ich nicht. Mir war sofort klar: diesmal durfte ich nicht mit. Sie wollten bestimmt wieder zu so einer Miss-Wahl, die ich so spannend finde. Am Sonnabendmorgen, gleich nach Tagesanbruch, packten sie alles in die schwarze Blechdose, die Jungs rasten die Treppe hinunter, Good Luck grinste noch einmal schadenfroh über die Schulter, dann brummte die Blechdose vom Hof. In meinem Kopf waren viele Rachegedanken.
Nach nicht allzulanger Zeit brummte die Blechdose wieder auf den Wendeplatz und gut gelaunt stürzten alle wieder die Treppe hoch ins Haus. Alle hatten einen Fressnapf mit Stiel bekommen. Antares fand den Ausflug nicht so klasse. Er hatte zwar sein Züchterfrauchen wiedergetroffen, das war schön; aber ansonsten hatte er keine große Freude an dem Getöse, Colja brach in der Wohnzimmertür zusammen und sagte nichts mehr, nur´Good Luck, diese kleine Ziege, trug die Nase so hoch, dass sie fast an die Decke stieß und meinte, dass sie jetzt nicht mehr mit mir durch den Modder jagen dürfte und schmutzig machen würde sie sich jetzt auch nicht mehr, denn sie wäre jetzt ein besonderes Leo-Mädchen, weil ihr ein lächelnder netter Herr bei den Miss-Wahlen erlaubt hätte, mit Frauchen hinter einem Schild mit einer eins darauf zu stehen. Alle Menschen hätten geklatscht, Frauchen die Hand geschüttelt und sie gedrückt.
Mir wurde ganz deutlich klar, dass ich mich dafür revanchieren musste und ich war mir sicher, dass die Gelegenheit dazu kommen würde, denn wenn ich dabei gewesen wäre, hätte sich bestimmt niemand um so ein kleines schwarzes Wollknäul gekümmert.
Am nächsten Tag hatte Good Luck glücklicherweise alles vergessen, buddelte ein großes Loch im Gehege und stellte den Wassernapf in der Küche wieder auf die Kante.

Auf die Gelegenheit zu einer Revanche brauchte ich nicht lange zu warten, denn bei der nächsten Miss-Wahl einige Wochen später durfte ich mit Herrchen hinter einem Schild mit einer 1 stehen und Good Luck und Frauchen wurden hinter der 2 aufgestellt. Hab ich mich gefreut. Nun waren wir quitt .. ..,

bis einige Tage später ein etwas längerer Ausflug folgen sollte:

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